Neue Anti-Rauch-Therapie durch Nikotin fressende Bakterien?
Auch wenn es noch ein weiter Weg ist: Ein Wissenschaftlerteam arbeitet derzeit an einer neuartigen Therapie, der Nikotinsucht entgegenzuwirken. Dabei kommt ein Bakterien-Enzym zum Einsatz, das Nikotin „frisst“ bevor es im Gehirn ankommt. Die ersten Studienergebnisse sind vielversprechend.
In einem US-Fachjournal berichtete das Team vom The Scripps Forschungsinstitut (TSR) in La Jolla, Kalifornien, darüber, wie das Enzym m Labor hergestellt werden kann und welches Potential es hat, als Basis für ein hilfreiches Medikament verarbeitet zu werden.
Chemieprofessor Kim Janda, Autor des Artikels, sagt dazu: „Augenblicklich sind wir noch in einer frühe Entwicklungsphase eines Medikaments. Die Studienergebnisse berechtigen zu großen Hoffnungen.“ Gleichwohl sind Janda und sein Team bereits seit über 30 Jahren an der Arbeit, ein solches Enzym im Labor zu züchten.
Doch erst die Rückkehr zu “Mutter Natur” brachte den entscheidenden Fund: Ein Bakterium aus dem Boden eines Tabakfeldes, das Nikotin als einzige Quelle lebenswichtiger Nährstoffe, Kohlehydraten und Stickstoff, nutzt.
Das Bakterium wird Pseudomonas Putida genannt und benötigt ein Enzym mit Namen NicA2, mit dessen Hilfe es herzhaft Nikotin mampft – vergleichbar etwa mit dem gefräßigen kleinen Pac-Man aus dem altbekannten Videospiel.
Die Idee des Teams: Mit Hilfe des Enzyms NicA2 könnte eine Anti-Rauch-Therapie entwickelt werden, die eine erfolgreichere Alternative zu bisher bekannten Methoden der Nikotin-Entwöhnung darstellt. Diese kranken an einer Misserfolgs-Rate von 80 bis 90%.
Die gedachte Enzymtherapie würde das Nikotin filtern und zerstören, noch bevor es m Gehirn ankommt. Damit bliebe auch die Reaktion des Belohnungs-Zentrums im Gehirn aus, das üblicherweise auf die Abhängigkeit erzeugenden Substanzen reagiert.
Professor Janda und Kollegen beschreiben im Studienbericht genau, wie das Enzym beschaffen ist und über welches Potential es für eine solche Rauchtentwöhnungs-Therapie hätte.
Eine Eigenschaft des Enzyms kristallisierte sich in Tests besonders deutlich heraus. Es verkürzt die Zeit, die das Nikotin normalerweise in der Blutbahn verharrt.
Um das zu dokumentieren, kombinierten die Forscher Blutserum von Mäusen mit einer Menge Nikotin, die etwa der einer Zigarette entspricht. Sie fügten das Enzym hinzu. Anstatt der zwei bis drei Stunden, die das Nikotin normalerweise benötigt, um wieder abgebaut zu werden, verblieb es diesmal nur maximal 15 Minuten lang in der Blutbahn.
Professor Janda nimmt an, dass nur wenige chemische Modifikationen notwendig sind, um das Enzym so zu verändern, dass es das Nikotin abbauen kann, lange bevor es die Blut-Gehirn-Schranke überschreitet.
Das Enzym erzeugt beim Nikotin-Abbau keinerlei giftigen Neben- oder Abfallprodukte, weitere wichtige Kriterien für eine medizinische Nutzung. Zudem erweist es sich als äußerst stabil: Im Labor hielt es sich bei etwa 37 °C über drei Wochen lang unbeschadet. Auch im Blutserum waren die Verhältnisse ganz ähnlich.
Dennoch ist noch etwas Arbeit notwendig, um das Potential des Enzyms voll auszuschöpfen. Beispielsweise müssten noch Reste seines bakteriellen Ursprungs entfernt werden, um das Risiko auszuschalten, das sich etwa aus einer Immunreaktion des Körpers ergeben könnte.
Ziel wäre es, aus dem Bakterien-Enzym eine Substanz zu entwickeln, die per Injektion verabreicht werden könnte und deren Wirkung etwa einen Monat lang anhielte.