Dick oder nicht dick?
Gelegentlich klaffen die eigene Wahrnehmung und die Wirklichkeit weit auseinander. So verhält es sich häufig auch bei der Frage: Bin ich fit und habe ich Idealgewicht – oder bin ich zu dick? Eine US-Studie, die aktuell im Amerikanischen Journal für Präventivmedizin publiziert wurde, beschäftigte sich mit diesem Thema:
Wer zugeben kann, dass er übergewichtig ist, befindet sich fast schon auf dem Weg zurück zu einem gesunden Körpergewicht, so der Leiter der Studie, Dr. Jian Zhang vom Jiann-Ping Hsu College für Öffentliche Gesundheit an der Georgia Southern University. Wer dagegen bestehendes Übergewicht für einen Normalzustand hält, wird auch kaum Anstrengungen unternehmen, etwas daran zu ändern.
Schlankheitskult in den Medien führte zu einer Gegenreaktion
Das Kernproblem dabei ist die Selbstwahrnehmung. In den letzten 20 Jahren wurden immer mehr Heranwachsende übergewichtig. Fettleibigkeit wurde dabei fast zur „Pandemie“. Doch in den Medien, von der Industrie der Diätprodukte bis hin zu den Ärzten erhielten allzu üppig ernährte Personen ohnehin beständig und massiv die Botschaft, sie seien nicht „in Ordnung“ und müssten schlanker werden. Das führte allerdings nicht zu mehr Ess- und Bewegungs-Disziplin. Im Gegenteil weigern sich immer mehr Menschen sich weigern, sich ihr Übergewicht überhaupt erst einzugestehen.
Die Daten einer Untersuchung von Jugendlichen aus den Jahren 1988 bis 1994 wurden für die aktuelle Studie herangezogen, bei der eine neue repräsentative Anzahl an Probanden befragt wurde. Dabei wurden die Selbstwahrnehmung der Teilnehmer und die tatsächliche Entwicklung des Körpergewichtes verglichen. Die Frage lautete: Siehst du dich als fett, übergewichtig oder normalgewichtig an? Der Ist-Zustand der Testpersonen wurde anhand des Body-Mass-Indexes (BMI) ermittelt.
Dabei trat klar zutage: Die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Selbstwahrnehmung war bei übergewichtigen bis fettleibigen Probanden im Untersuchungszeitraum zwischen 2007 und 2012 um 29% gesunken, gegenüber der Situation bei den Studienteilnehmern aus den Jahren 1988 bis 1994.
Auch eine soziale Vergleichstheorie kommt als Erklärung in Frage. Individuen vergleichen sich stets mit den Menschen in ihrer Umgebung. Je mehr übergewichtige Freunde sie haben, desto positiver und normaler empfinden sich dicke Menschen ihrerseits.
Dr. Zhang und seine Kollegen fassen zusammen: Sich des eigenen Übergewichtes bewusst zu werden, ist der erste Schritt zu Anstrengungen, abzunehmen. Doch die wachsende Tendenz, das eigene Körpergewicht nicht realistisch einzuschätzen, stellt eine Gefahr für Heranwachsende dar: Je „normaler“ sie die eigene Fettleibigkeit finden, desto geringer der Druck, abzunehmen, die Ernährung neu zu überdenken und auf ein Idealgewicht hinzuarbeiten. Es gilt, so sagen die Wissenschaftler, neue Wege zu finden, jungen Menschen ein positives Verhältnis zum eigenen Körper und zugleich eine realistische Einschätzung desselben zu vermitteln, um sie zu einer gesunden Lebensweise zu motivieren.